TIEFENPSYCHOLOGISCH FUNDIERTE TANZTHERAPIE

TIEFENPSYCHOLOGISCH
FUNDIERTE TANZTHERAPIE

Die Heilkraft des Tanzes

Die Tanztherapie vertraut zunächst auf die Heilkraft des Tanzes, die im unmittelbaren und spontanen Selbstausdruck, sowie in der zwischenmenschlichen Begegnung liegt. Tanzend kommen wir in Kontakt mit unserer Umgebung, mit unserem Selbst und mit unserem eigenen und ganz besonderen "In-der-Welt-Sein". Der Ausdruck über Körper und Bewegung ist älter als unsere Sprache. In der Tanztherapie versuchen wir, den Zugang zu dieser - oft unbewußten - Quelle der Kommunikation zu finden und therapeutisch zu nutzen.


Geist-Körper-Seele- Einheit

Eine weitere Grundlage der Tanztherapie ist die Annahme, dass Geist, Körper und Seele eine Einheit bilden. Was auf der einen Ebene geschieht, hat auch Auswirkungen auf die anderen Bereiche. So spiegeln sich z.B. unsere Gefühle in unserem Körper und beeinflussen unsere Wahrnehmung und unser Denken.


Zielsetzung und Methode

Was bewegt mich?

Ziel der Tanztherapie ist über Bewegung und Tanz die Sprache des Körpers wahrzunehmen, die Verbindung zu den Gefühlen wieder herzustellen und die gemachten Erfahrungen zu reflektieren und damit auf allen Ebenen zu integrieren.

Es geht bei dieser Methode nicht darum, festgelegte Übungen oder Tänze einzustudieren. Deshalb sind keinerlei tänzerische Vorerfahrungen oder Begabungen notwendig. Ausgangspunkt sind aktuelle Körpersignale (z.B. Rückenschmerzen, Kribbeln im Bauch, Müdigkeit...), individuelle Bewegungsmuster und die spontane Bewegungssprache, die wir aus dem Alltag mitbringen. Sie geben uns Hinweise auf das, was uns "bewegt" oder uns auch erstarren lässt, auf unsere inneren Konflikte, aber auch auf unsere Stärken.

In der Gruppentherapie steht häufig die Körper- und Bewegungserfahrung im Vordergrund, die anschließend im gemeinsamen Gespräch reflektiert wird. In der Einzeltherapie entscheiden die Patientinnen/ Patienten ob und wann die Bewegungs- oder die Gesprächsebene benutzt wird. So kann es vorkommen, dass in manchen Therapieverläufen zwar das Körpererleben einbezogen wird, aber Bewegung und Tanz nur wenig benutzt werden. Sie sind dann allerdings häufig als tiefgreifende Erfahrung entscheidend für den weiteren Therapieverlauf.


"Etwas sagen, was ich mit Worten nicht sagen kann"

Über spielerisches Experimentieren mit Bewegung und Tanz entwickeln sich nonverbale Bilder und Geschichten, die symbolisch unsere Gefühle und Gedanken ausdrücken. In der Begegnung mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Gruppe oder mit der Therapeutin entstehen Dialoge. Eine Geste kann zu einer Frage oder einer Antwort werden. Eine geballte Faust führt uns vielleicht zu unserem Schmerz oder zu unserer Wut, vielleicht aber auch zu unserer Kraft oder Entschlossenheit. So gewinnen wir Hinweise auf unsere unbewußten Gefühle, auf unsere nicht erkannte Einstellung zu uns selbst, zu unserer Umgebung und unseren Lebenskonzepten. Diese zu entdecken und zu erkennen, eröffnet uns die Möglichkeit, zwar "Gewohntes" aber Unbewußtes bewußt zu machen und unsere Konflikte besser zu verstehen und zu handhaben.


Tiefenpsychologischer Ansatz

Der tiefenpsychologische Ansatz in der Tanztherapie geht von einem dynamischen Unbewußten aus. Unsere gegenwärtige Situation, unsere Wahrnehmung von uns selbst und unserer Umgebung, sowie unsere Lebensgestaltung wird in Zusammenhang mit unserer Lebensgeschichte gesehen. Dieser Ansatz betont auch die Notwendigkeit, die oft tiefgreifenden Erlebnisse, die über Körper, Bewegung und Tanz gemacht werden, verbal ausreichend durchzuarbeiten und zu festigen, um sie letztendlich integrieren zu können und die (Ich-) Stabilität zu stärken.

Unsere ersten und frühesten Erfahrungen sind ein nonverbaler Vorgang, in dem sich die Interaktion zwischen Kleinkind und Mutter im Wesentlichen auf den Klang der Stimme und die Körpersprache stützt. So entstehen die ersten Kernstücke von Identität und Beziehungsfähigkeit über den Körper. In der Tanztherapie haben wir über die nonverbalen Techniken einen besonderen Zugang zu diesen weit zurückliegenden und frühen Erfahrungen. Sie werden in ihrer Auswirkung auf die Gestaltung der "Alltagsbeziehungen" (im privaten und beruflichen Bereich) aber auch auf die therapeutische Beziehung (Übertragungsgeschehen) betrachtet.


Anwendungsbereiche

Die Tanztherapie bietet über das Medium Tanz einen kreativen und spielerischen Zugang zu therapeutischen Prozessen. Der Übergang vom Tanz zur Selbsterfahrung und von der Selbsterfahrung zur Therapie ist fließend, kann aber mit den Techniken der Tanztherapie gut gesteuert und auf die Bedürfnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer abgestimmt werden. Die Anwendungsbereiche der Tanztherapie sind deshalb vielfältig. Sie wird in klinischen und therapeutischen Bereichen eingesetzt (Psychiatrie und Psychosomatik), in Beratungsstellen, in psychologischen Praxen, in Schulen, Kindergärten, Seniorenheimen und Rehabilitationszentren.

Die Tanztherapie kann als Kurzzeit- oder Langzeittherapie durchgeführt werden. Sie eignet sich sowohl zur kurzfristigen Unterstützung bei der Bewältigung von aktuellen Krisen oder speziellen Problemen, als auch zur Begleitung bei längeren und tiefgründigen Prozessen. Die Behandlungsdauer ist in der Regel kürzer als in anderen tiefenpsychologische Verfahren, da das Unbewußte über die nonverbale und körperbetonte, sowie erlebniszentrierte Herangehensweise zusätzlich angesprochen wird. Je nach Indikation wird sie als Einzel- oder Gruppenverfahren angeboten.

Die Therapie findet wöchentlich oder vierzehntägig statt.


Tanztherapie und Analytische Psychologie nach C.G. Jung

Ursprünge

Tanztherapie und analytische Psychologie miteinander zu verbinden, führt auf einen Ansatz von Mary Whitehouse zurück und wurde u.a. von Joan Chodorow und P. Bernstein-Lewis fortgeführt. Mary Whitehouse wollte mit Tanz in die tiefen Schichten der Persönlichkeit vordringen und entwickelte so ihre spezielle Arbeitsweise mit der "Bewegung aus der Tiefe" (Movement in depth), die heute als Arbeit an der "authentischen Bewegung" fortgeführt wird. Whitehouse verwendete in ihrem tanztherapeutischen Ansatz jungianische Konzepte, wie z. B. das SELBST, INDIVIDUATION, POLARITÄT und AKTIVE IMAGINATION und nutzte Träume, Bilder und Assoziationen, um unbewußtes Material aufsteigen zu lassen und bearbeiten zu können.

Für die Arbeit mit der authentischen Bewegung möchte ich auf meine Kollegin Dipl. Psych. Irmgard Halstrup verweisen, die sich darauf spezialisiert hat.


Mein Ansatz

Ich empfand es als sehr nahe liegend, Jungianische Konzepte mit dem Medium Tanz auf die Körper- und Bewegungsebene zu übertragen. In beiden Ansätzen faszinierte mich die Arbeit mit Bildern, Assoziationen und Symbolen. "Archetypen" kann man sich tanzend nähern, im Körper fühlen und man kann sie tanzend erforschen und gestalten.

Mit der tiefenpsychologischen Deutung von Märchen und Mythen fand ich Einstieg in die Terminologie und Konzepte von C.G. Jung, die ich nach und nach auch auf die Bewegungsebene übertrug.

Jung unterschied zwischen dem kollektiven Unbewußten (z.B. Mythen, Märchen) und dem persönlichen Unbewußten (z.B. Träume, Assoziationen). In der Arbeit mit Märchen werden kollektives und persönliches Unbewußtes miteinander verwoben. Tanzend tauchen wir in die Symbolik der Märchen und Mythen, lassen Bilder und Assoziationen aufsteigen und geben ihnen körperlichen Ausdruck (Körperhaltung, Geste, Rhythmus...), "assoziieren" also auch auf der Körper- und Bewegungsebene. Das damit verbundene Erleben und die begleitenden Gefühle werden anschließend durchgearbeitet und auf die persönliche Lebensgeschichte- und Situation übertragen. So "ertanzt" sich jeder auf seine ganz eigene Weise das Märchen. Damit verbundene unbewußte und abgewehrte Inhalte (Schatten) werden gestaltet, dadurch bewußt und handhabbarer.

Auch das Konzept der Polarität findet durch die BEWEGUNGANALYSE nach LABAN eine Entsprechung. Über den Tanz kann man aber nicht nur Polarität erfahren, sondern auch ausprobieren, wie man die Pole miteinander verbinden kann (Übergänge, abwechselnd, gleichzeitig...). So werden z.B. männliche und weibliche Anteile unserer Persönlichkeit (ANIMUS UND ANIMA) auf der Körper- und Bewegungsebene in unserer ganz individuellen Ausprägung erfahren und bewußt.

Über diesen Aspekt hinaus bietet die tanztherapeutische Arbeit mit Märchen und Mythen die Möglichkeit eigene Muster, Konflikte, Ängste und Verhaltensweisen zu erkennen, anzunehmen oder zu hinterfragen und Handlungsalternativen an Ort und Stelle zu erproben.

Sollte der Wunsch bestehen, die im Rahmen eines Workshops gemachten Erfahrungen gründlicher durchzuarbeiten, als dies in der Gruppe möglich ist, besteht die Möglichkeit begleitend einige Einzelstunden zu nehmen. Als günstig hat es sich auch erwiesen, wenn jemand bereits in Therapie ist und dort den Ort zur weiteren Vertiefung hat. Die Teilnahme an den Workshops sollte dann immer mit den behandelnden Therapeutinnen/ Therapeuten abgesprochen werden.